Hallo Helmut,
wie versprochen, "meine Findungsweise" für Häuser, Burgen, <sonstwas>
Als erstes steht bei mir immer: Was will ich denn haben?
Einfach mal, um eine grundsätzliche Idee zu bekommen, was an der Stelle gebaut werden könnte und/oder sinnvoll ist und/oder dazupasst.
Ich nehme als erstes Beispiel meine Burg:
Bei meiner Burg war´s klar, dass da ein Burgbau hin muss, der kein Museum oder eine Ruine sein sollte, sondern tatsächlich noch bewohnt ist. Nach einem ersten Papierbausatz (von Schneider?) war mir schnell klar, dass das wohl auf einen Selbstbau hinausläuft, denn der Papierbausatz war mir irgendwie zu klein (obwohl angeblich in 1:160) und passte auch nicht vom Stil des Bausatzes so richtig zum Rest der Anlage. Die erhältlichen Plastikbausätze, die ich auf Ausstellungen immer gesehen habe, entsprachen auch nicht so ganz meinen Vorstellungen. Irgendwann habe ich mir dann einen "Dummy" aus Wellpappe (hette ich gerade da
) mit vermuteten Maßen gebaut, so, wie ich mir die Burg in etwa vorstellte. Die Häuser in der Umgebung entstanden und mir wurde klar, dass dieser "Pappkamerad" viel zu klein war. Also habe ich mich auf die Suche nach Maßen gemacht -- nicht so leicht! Irgendwann bin ich dann durch Zufall auf die Burg Prunn gestoßen, bei der nicht nur ein als maßstäblich gekennzeichneter Plan zu finden war, sondern auch das Seitenmaß des Burgfrieds. Anhand dieses einen gefundenen Maßes habe ich dann den Grundriss so skaliert, dass die Maße gepasst haben. So hatte ich wenigstens die Fläche samt Grundriß schon mal zum Planen. Dann schnitt ich mir aus Styrodur erste Teile zurecht und stückelte diese auf dem Grundriss zu einem dreidimensionalen Objekt zusammen, wobei die Höhenmaße anhand von Fenstern, Türen und dem gefundenen Maß der Burgfriedhöhe optisch passend geschätzt wurden; das hatte dann längere Zeit Bestand als "Platzhalter" und Vorarbeit. Irgendwann hat mich dann "der Rappel gepackt" und ich habe mit der Burg weitergemacht, nachdem ich durch Zufall eine 10cm dicke Styrodurplatte gefunden hatte... Der Rest steht dann
im Hausbauthread
Ein anderes Beispiel der jüngeren Zeit ist die Hausfassade:
Beim Zusammensuchen von Links für Papierbausätze zum Download bin ich über die "Uhrenfabrik" gestolpert
, die mir irgendwie gefallen hat. Aber nicht wie vorgesehen, sondern nur vom Stil und der Bauweise. Da beides so in etwa zu den vorgesehenen Pola-Häusern passte, habe ich mir ein paar Ausdrucke gemacht, diese zerschnitten und mit diesem Puzzle herumgespielt. Dabei kristallisierte sich dann schnell heraus, wie die Teile am besten angeordnet werden sollten, damit das zum "Plastikumfeld" passt. Der Rest steht wieder
im Hausbauthread
Ein älteres Projekt war das Bahnhofsgebäude von Regensburg, das ich für die Vorgängeranlage haben wollte.
Pläne hatte ich keine, also habe ich anhand von Fotos die sichtbaren Personen und Türen abgeschätzt und damit die einzelnen Wandelemente skizziert: Breite und Höhe der Fenster, Breite der einzelnen Baukörper, Höhen, Anordnungen der einzelnen (Zier-)Elemente, usw. Irgendwann hatte ich alles so weit "bemaßt", dass ich das in N-Maße umrechnen und jede Wand auf Karton aufzeichnen konnte. Dabei habe ich keinen exakten Bauplan umgesetzt (ich hatte ja nur Schätzmaße), aber ich achtete darauf, dass alles in sich stimmig wirkte. Dann kam die "Schneidorgie" bei den Fensteröffnungen (ich glaube, das waren über 60) und den Fensterrahmen/-kreuzen -- natürlich oben mit Bogen und kleinteilig... Damals noch alles von Hand mit "Schnitzmessern" aus Schraubenzieherklingen (passende Breite) und Blasen an der Hand
. Die Einzelteile habe ich noch, denn das Teil wurde nicht mehr zusammengebaut -- meine Anlagenplanung hatte sich komplett geändert (Umzüge, neue Räumlichkeiten, andere Prämissen, Weiterentwicklung,...). Aber momentan spukt die Idee
im Hinterkopf, ob sich das nicht als "Bahndirektionsgebäude" reaktivieren ließe, vom BW nur durch eine Straße getrennt, als Hintergrundmodell in einer langen Häuserzeile. Dann natürlich mit gelaserten Fenstern -- so richtig haben mir die von Hand ausgeschnittenen nie gefallen
. Mal sehen...
Ein weiteres Projekt ist die kleine Mauer, die schon seit Jahren als "Traumgebilde" herumgeisterte. Lange wusste ich nicht, wie ich diese Rundung in der Mauer "in Serie" umsetzen könnte, bis ich mir wegen der Fenster in der Hausfassade den kleinen Gravurlaser zulegte. Dann ging alles recht schnell: Die Mauer wurde aus dem Gedächtnis skizziert, mit sinnvollen Vorbildmaßen beschriftet und diese dann umgerechnet. Danach erstellte ich eine maßstäbliche Zeichnung im PC und machte die Aufteilung der Zeichnung in die verschiedenen Schichten: Grundschicht mit der Öffnung (aber als Rückseite, da ein Nadelkanal in der Säule und die Einlagemarkierungen für die "Eisenstangen" graviert wurden), dazu noch die Säule, einmal als Wand-Aufdopplung (hat sich als unnötig erwiesen), nochmal gleich groß mit Steingravur und die gravierten Zierelemente oben, unten und um die Öffnung. Weiter wurden noch die Abdecksteine oben und auf der Säule benötigt. Alle Teile wurden doppelt benötigt für Vorder- und Rückseite der Mauer. Und weil ich eine Mischbauweise anwende, kamen beim Zusammenbau in die Öffnung Drähte, die Steinkugel auf der Säule ist eine Glaskopfstecknadel. Durch die diversen Einzelteile konnte ich diese auch einzeln einfärben (die Wände, Abdecksteine und die Stecknadeln wurden grau gespritzt, die Zierelemente mit Wasserfarben auf "Stein" getrimmt). Nach dem Trocknen musste nur noch alles zusammengebaut werden (
mehr dazu hier).
Upps, das war jetzt nicht nur die Ideenfindung
, sondern auch noch die Konstruktions- und Fertigungsbeschreibung
Aber da ist erkennbar, dass ich mir schon beim Anfang der Planung einige Gedanken mache, wie und mit was ich das später umsetzen kann.
Für die Häuserzeilen auf Deinem Modul würde ich mit Dummy-Ausdrucken von irgendwelchen Papierbausätzen anfangen, eingescannte und skalierte Fotos mit geeigneten Motiven, evtl. auch die Seiten passender Plastikhäuser einscannen und so die Zeile "zusammenplanen". Geht zwar alles am Rechner, aber durch die Papierdummies sieht man wesentlich besser, ob das so wirkt wie beabsichtigt (DIe Plastikhäuser dürfen da natürlich "real" mitspielen
). Bei Deiner Brücke hast Du das ja auch schon so gemacht, also wohl nichts neues für Dich
Falls ein besonders schönes/passendes Haus zu schmal ist, Teile davon nochmal vertikal anstückeln (es gab schon immer auch größere Wohnungen
) oder die fensterlosen Flächen etwas verbreitern, ist es zu niedrig, um ein Stockwerk aufstocken, usw. Dabei dürfen die Stockwerkshöhen schon um ein paar Millimeter zwischen den einzelnen Häusern variieren, genauso sollten die Fenster in dem gesamten Straßenzug nicht alle einheitlich groß sein, jedes Haus ist "irgendwie" individuell. Ältere Häuser sollten stilmäßig zusammenpassen, gerade in Bahnhofsnähe entstanden ganze Viertel zwischen 1880 und 1910, die sahen sich dann mitunter recht ähnlich in den Proportionen. Barocke Gebäude sind da eher selten zu finden, die Häuser waren eher zweckmäßig (wie die alten Polahäuser). Dazwischen kann in einer ehemaligen Kriegsbaulücke auch ein modernerer Bau (50er Jahre) stehen oder ein Haus wurde "zu Tode saniert", wie es in den 60er und 70er Jahren gern gemacht wurde (zumindest die Fensteraufteilung wurde da meistens beibehalten). Abriss mit komplettem Neubau wurde ab den 80er Jahren oft gemacht, bis Denkmal- oder Ensembleschutz das bemerkt haben und reagierten...
Ich lege mir für solche Projekte gerne eine Tabelle an, in der ich möglichst viele (Vorbild-)Einzelmaße eintrage: Stockwerkshöhe(n), Fensterhöhe(n), Fensterbreite(n), Fensterbretthöhe(n), Türmaße, Zierelemente, Mauerstärken, Absatztiefen,... Dann mache ich die Umrechnung für alle Werte auf unseren Maßstab in einer weiteren Spalte, noch eine Spalte beinhaltet dann die zu verwendenden Maße. Diese letze Spalte ist dann die, mit deren Werten ich baue. Und da kann es dann durchaus mal Abweichungen zum Vorbildmaß geben, nicht nur, weil man kaum auf Hundertstel genau was ausschneiden kann, sondern weil dabei schon auf die zu verwendenden Materialien Rücksicht genommen wird. Die haben ja manchmal deutlich andere Stärken wie das (umgerechnete) Vorbild. Manchmal habe ich mir in der Tabelle noch eine "Material-Spalte" angelegt, in der das geplante Material für dieses Element drinsteht (z.B. auch die Artikelnummer oder ähnliches); versuche ich zwar meistens, halte ich aber nicht immer durch
Und dann geht´s an die Konstruktion, früher habe ich das tatsächlich auf Papier gemacht, mittlerweile zeichne ich schon direkt auf dem auszuschneidenden Material. Und ganz modern für den Laser dann eben im PC...
Was dann noch gebraucht wird wie die Zierelemente, Fenster, Türen, Dachrinnen, Dächer... da habe ich ja schon im ersten Beitrag beschrieben, wie ich herangehe.
So, jetzt hoffe ich, dass ich mit diesem Langtext keinen erschlagen habe, hoffe aber gleichzeitig auf die Schilderung von vielen weiteren Herangehensweisen
und natürlich Bauberichten von eifrigen Selbstbauern.
Viele Grüße
Michael