Was haben die Konstrukeure verlernt -- und warum??
Verfasst: 04 Apr 2025, 01:48
von scabaNga
Hallo,
bin gerade dabei einige Loks zu testen und einzumessen und dabei fiel mir unter anderem eine wirklich alte GFN 103 (aus den 90'ern, wenn nicht sogar 80'ern) in die Hand.
Und da frage ich mich jetzt wirklich: Was haben die MoBa-Konstrukteure -- und die Motorenbauer! -- verlernt? Und warum?
Hatte früher am Abend erst eine (relativ) aktuelle MTX BR110 (gekauft Anfang der 10'er) und eine Brawa von 2021 am Wickel. Ja, tolle Schnick-Schnack's mit um- und ausschaltbaren Rücklichtern und vieles mehr.
ABER: die Lautstärke des Antriebs ist im Vergleich zu der wirklich uralten GFN 103 einfach schrecklich!

Das kreischt und quietscht und schrillt das einem die Ohren fast schon weh tun.
Und von der 103 höre ich lediglich ein ganz leichtes Surren.
Kein Wunder das überall Sound eingebaut wird -- die brauchen das um den lauten Antrieb zu übertönen!
Sorry, musste das jetzt einfach mal loswerden! Und jetzt gehe ich schlafen
Viele Grüße
Mike
Re: Was haben die Konstrukeure verlernt -- und warum??
Verfasst: 04 Apr 2025, 17:10
von 8erberg
Hallo,
denke eher das liegt an der Montage.
Ausgenudelte Werkzeuge treffen auf asiatische Hersteller mit laxer Mentalität ("ist doch nur Spielzeug" soll ein Hersteller zu Herrn Bernd Lenz gesagt haben, so erzählte er es persönlich meinem Händler).
Es gab schon Falle von Zinkpest bei neuen Modellen. Eigentlich hatte jeder Hersteller schon in den 60ern raus wie man das verhindert...
Die 5. "Preisoptimierung" durch Montage eines 10 Cent billigeren "closed Can" Motor sorgt auch nicht für Vertrauen.
Ich hab 90 % meines Fuhrparks aus den 70/80er und bau dort kleine flache Decoder ein, die müssen sehr gut Langsamfahrt können, Nebenbahn Vmax <60 km/h.
Fährt alles sehr gut, bis eine Arnold E69. Da ist bei dem 2-achser die Stromaufnahme suboptimal
Da muss ich noch dran. Die fährt als kleine Lok für einen früheren Ü-Strab-Betrieb der noch bis in die 60er Jahre von Wesel nach Rees fuhr
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kleinba ... 93Emmerich
Sonst halt ich nix von den Modellen wo es nach 3 Monaten keine Ersatzteile mehr gibt aber dafür Zwangsdecoder die praxisfremd sind.
OK, Trix und Arnold waren gegenüber GFN früher schon lauter. Aber das Zeuch heute macht mich sprachlos.
Die japanischen Hersteller machen es doch vor, leider bauen die wenig für Europa.
Krach machen zwei Spur 1 Loks, da hört es sich dann auch richtig an... Die Kurzen haben dann Spaß, für die wäre N noch zu klein. Hauptsache erst einmal infizieren...
Peter
Re: Was haben die Konstrukeure verlernt -- und warum??
Verfasst: 06 Apr 2025, 20:02
von Dispo13
Hallo Mike,
Tatsache, unabhängig ob der einzelnen Hersteller, dass die Mechanik seit Jahren der Optik nachhinkt.
Die Hersteller kämpfen alle mit dem gleichen Problem - Antriebszahnräder-(chen), Schnecke, Motoren generell …
Messing/Kunststoff alles soll leise sein und (fast) nicht hörbar, wartungsfrei, lebenslange Laufleistung etc. etc.
Messing - unkritisch, so bei der Verarbeitung die richtige Legierung zur Anwendung kommt.
Kunststoff - Neuland, keine Langzeiterfahrungen. Kunststoff kann auch spontan brechen (auch in der Vitrine, in der Verpackung bei Schachtelbahner)
Und on top, der Preis einer Lok für den Endkunden soll - (gerade noch auch …) im Rahmen bleiben.
Wie vorhin @Peter schon schrieb - Preisoptimierung. Die unterschiedlichen Motoren zusätzlich noch ein anderes Thema für sich.
Gruß
Chris
Re: Was haben die Konstrukeure verlernt -- und warum??
Verfasst: 27 Jun 2025, 00:04
von N-Wolfgang
Hallo zusammen,
selbst Ingenieur und damit auch Konstrukteur, stellt sich die Sache so dar, dass die heutigen Konstrukteure eigentlich nichts verlernt haben. Ganz im Gegenteil! Mit den heutigen Möglichkeiten, alleine auf den Gebiet des 3D-CAD, stecken sie jeden Konstrukteur der 80er, der noch mit weißem Kittel hinter dem Zeichenbrett stand, problemlos in die Tasche. Und was sie so hinzaubern, kann sich wirklich sehen lassen.
Das Problem ist nicht, dass sie nichts könnten - aber: Es sind ganz einfach keine Modellbahner mehr. Was sie da machen, ist brilliant, aber sie haben leider keine Ahnung mehr, was sie da tun. Um es ganz platt zu sagen: Es sind keine Produkte mehr von Modellbahnern für Modellbahner, sondern durchaus kleine Wunderwerke, ersonnen von Leuten, die im tiefsten Inneren nichts damit anfangen können.
Kleines Beispiel dazu: Ich bin stolzer Besitzer zweier Liliput BR 56.2-8 eine in der untauglichen, weil nicht zugkräftigen ersten Modellausführung, die zweite in der überarbeiteten Version. Macht aber keinen Unterschied. Beide scheiterten gleichermaßen an einem Güterzug mit 10 Wagen auf einer 2% Steigung. Aber, wenn man mal mit einem kurzen Schienstück den Haftreifen entlang streift, stellt man fest, dass da gar keine Traktion ist. Also lautete der Beschluss, mal versuchsweise bei einer Lok die Haftreifen zu wechseln. Was der Auftakt eines etwa 8 stündigen, durchaus traumatischen Bastelmarathons war.
Mich hatte schon stutzig gemacht, dass in der Betriebsanleitung, der Haftreifentausch nicht erwähnt war.
Eigentlich ist der Haftreifentausch an gekuppelten Treibrädern ja kein großes Ding: Treibzapfen abziehen, Getriebeabdeckung runter, Rad rausnehmen, Haftreifen austauschen und in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammenbauen. 10 Minuten, wenn man trödelt.
Nicht so hier. Beim Abnehmen der Getriebeabdeckung war ein leises, mehrfaches „Sproing!“ zu hören, als dessen Ursache sich 6 Kontaktfedern für die Stromabnahme hinter den Treibrädern herausstellten, und die natürlich nach außen federten. Und für die notwendige Leitung des unten gesammelten Stroms nach oben auf die Platine der Lok gibt es nochmal zwei Kontaktfedern die durch einen eigens geschaffenen Schacht im Rahmen nach oben ragen und die Platine kontaktieren. Mit zwei Schrumpfschläuchen voneinander isoliert und damit knapp zu dick, um durch den Schacht im Rahmen zu passen. Wobei sich die Bremsnachbildungen an dieser Abdeckplatte und die dann von mir entnervt abgebaute Steuerung als wirksames Bollwerk erwies, irgendwie an diese nun gleichzeitig wieder einzufädelnden Kontaktfedern heran zu kommen.
Als zusätzliches kleines Handycap sind Achsen nicht etwa einfach in einem Schlitz gelagert, sondern in winzig kleinen Sinterbröckchen, die da in flachen Vertiefungen nur darauf warten, dass sie irgendwer anstößt, damit sie wieder auf Wanderschaft gehen kann. Wobei die dritte Achse dieses Anstoßes gar nicht bedarf: Die ist nämlich gefedert und die Feder ist erst dann zufrieden, wenn sie die Achse aus den Lagern herausgedrückt hat. Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass die Kuppelstange durchgehend einteilig ist und, wenn alles montiert ist, die Achse ihrer durch die Feder verschafften Freiheit umgehend wieder beraubt. Den Sinn dieser Einrichtung kennen also nur die Götter.
Jedenfalls hatte ich jetzt 7 Stunden Kurzweil, bis ich diese Platte wieder drin hatte, alle Kontakte hinter den Rädern liefen und auch die Platine ihren Strom bekam. Der Zuammenbau war dann auch gewürzt durch die kleinsten Kurbelzapfen, die ich je fast nicht gesehen habe und das typische Ergebnis des Arbeitens an der CAD sind, wo man es nur hoch zu zoomen braucht.
Alles an dieser Lok ist perfekt konstruiert. Bis hin zu den Miniaturkabelschellen, die die wenigen Käbelchen in der Lok sicher um alle Engstellen herumführen. Die Radlagerung in kleinen Sinterklötzchen - vom Feinsten! Die Raumausnutzung in der Lok - genial! Last not least: Fahrverhalten und Stromabnahme: 1a ! Sogar eine gefederte Achse, wow!
Nur das kleine Manko: Sie zieht halt nichts, hat lausige Haftreifen und wenn man die wechseln will, macht man die Lokomotive nahezu kaputt, weil die Konstrukteure sich von allen Möglichkeiten, von einen Rad Strom abzunehmen, sich ausgerechnet für die umständlichst-mögliche entschieden haben und niemand ihnen gesagt hat, dass man Haftreifen hin und wieder tauschen muss.
Das meinte ich. Würden die Enkel des Leiters der Konstruktionsabteilung und der Leiter selbst mit der Modellbahn spielen, würde so ein Mist niemals das virtuelle Reißbrett verlassen. Es ist eben kein Produkt von Modellbahnern für Modellbahner. Es ist wunderschön und auch toll gemacht, aber für die Praxis im Hobbykeller kaum geeignet.
Ich denke, an derartige Knalleffekte wird man sich gewöhnen müssen. Leider.
——————————-
Kleines Nachspiel zum Haftreifentausch - nachdem sie endlich wieder montiert war, zog die Lok den Zug. Aber die Haftreifen waren viel zu dick, brachten die Lok zum Taumeln und hoben die mittleren Radsätze aus dem Gleis, so dass es Kontaktprobleme gab. Problem gelöst, aber wenn das die Lösung ist, hätte ich gerne mein Problem wieder. Es gibt außerdem eines, was ich freiwillig nicht mehr tun würde: Diese Lok nochmal auseinandernehmen. Dafür gibt es eine Lösung: Bullfrog Snot, eine Kunstoff- oder Gummilösung, die man auf das Rad auftragen kann und die nach dem Aushärten einen brauchbaren Haftreifen bildet. Habe ich jetzt der Not gehorchend ausprobiert - geht recht gut. Auch damit schafft die Lok den Zug, aber nur gerade eben so. Die Loks sind offensichtlich nur gut, um im Bahnbetriebswerk geschäftig in und her zu rollen, aber auf die Strecke brauche ich damit nicht zu gehen. Schade - wirklich sehr schade.